@Gunlord: Wieso fürchterlich? Für eine Szene-Produktion aus 1992 schaut das doch sehr ordentlich aus
A propos Schwelgen in der Vergangenheit (@Acrid: Ich hole mal etwas weiter aus):
Das war mein Arbeitsplatz bei Starbyte und auf vielfache Weise ein historisches Dokument
Zunächst mal habe ich mit meinem privaten Setup gearbeitet, dabei wurde am C128 gleichzeitig Fernseher als auch ein 1084s-Monitor genutzt. Das lag daran, weil die Grafik je nach Endgerät qualitativ drastisch auseinanderging. Auf der rechten Seite mein Amiga, wo bei Portierungen das Ausgangsmaterial abgeglichen wurde. Zu dem Zeitpunkt wurde tatsächlich noch alles unabhängig gepixelt, bei späteren Projekten wurden beide Rechner verbunden und crossdev-mäßig mit DPaint gepixelt und auf dem 128er nachgearbeitet.
Ebenfalls zu sehen ist dieser gelbe Wuschel da auf dem Stuhl. Das war nach einer, wie so oft, viel zu übertriebenen Arbeitschicht, wo der nächstbeste Platz für ein Nickerchen diente. Und Details, wie mein Splin, mir damals ständig die Haare zu färben oder dass ich geraucht hatte. Auf dem Foto komplett abgeschnitten ist eine Turtles-Action-Figur auf dem Fernseher. Ich war ein Riesen-Fan von den Viechern.
Zu dem, was ich zu der Zeit gemacht hatte:
Der Einstieg in die Branche war erstmal nicht über die Grafik oder Szene-Aktivitäten, sondern eine Kopfnuss zu Zak McKracken in der ASM. In dem Zusammenhang hatte ich den Ulrich Mühl kennengelernt, der mir damals die ersten Kontakte bei verschiedenen Entwicklerteams verschaffte. Darüber kam ich mit den Leuten von Electronic Simulation in Kontakt, die das Spiel The Second World entwickelt hatten - welches eigentlich schon fertig war, in der ASM auch bereits getestet, aber dann doch nochmal überarbeitet und für alle möglichen Systeme bei Magic Bytes neu vertrieben werden sollte (derartiges Vorgehen war nicht unüblich. Bei Spielen, wie Fugger oder Starbyte Super Soccer lief das ähnlich).
Jedenfalls landete ich so bei Magic Bytes und hatte mein erstes professionelles Projekt. Zu dem Spiel wäre zu sagen, dass es sich um einen Kaiser-Klon im Weltall handelte und in der Ursprungsversion von der Präsentation und Bedienung her ein ziemliches Chaos. Bei den 16Bit-Versionen ging es auch eher darum, die Oberfläche aufzuhübschen und die Benutzerführung besser lesbar zu bekommen. Hat nach meinem Dafürhalten nicht ganz so gut geklappt,allerdings gilt das nicht für die C64-Version, die quasi eine Neuentwicklung darstellte. Spielerisch konnten Coder Mario Knezovic und ich nicht verhindern, dass das Teil spielerisch altbacken ausfiel. Allerdings sind mir die Grafiken, welche komplett im Koala-Painter entstanden, erheblich besser gelungen als bei den 16Bit-Fassungen und auch die Layouts fielen wesentlich übersichtlicher aus.
Das zweite große Projekt von Mario und mir (als Team nannten wir uns Bones Park) war die C64-Version von Rolling Ronny, welches von Starbyte und Virgin vertrieben wurde:
Für die Umsetzung der Amiga-Version haben wir einigen Aufwand betrieben, der zu der Zeit nicht selbstverständlich war:
Die Sprites wurden komplett neu gepixelt, insgesamt waren es etwa 220 Animationsphasen, von denen etwa 20% am Ende gestrichen wurden.
Levelhintergründe wurden in Zeichensatzgrafik umgesetzt. Wir hatten damals noch keine Spezialtools dafür, so wurde die Grafik in drei Etappen erstellt.
- Als erstes wurde der Zeichensatz in einem Font-Editor vorbereitet, der glücklicherweise den Multicolor-Mode unterstützt.
- Danach wurden die Zeichen in einem weiteren Editor zu Tiles von jeweils 2x2 Tiles zusammengeführt. Mit einigem hin und her, da eigentlich ständig wieder die Grafik korrigiert werden musste. Insgesamt gibt es vier verschiedene Grafiksätze im Spiel.
- Zuletzt wurden aus den Grafiksätzen in einem Map-Editor die 8 Level zusammengepuzzelt, jeweils etwa 20 bis 24 Bildschirme groß.
Der Spielablauf wurde nicht mit den Daten der Amiga-Version portiert sondern ebenfalls von Hand neu erstellt. Dabei nahmen wir uns die Freiheit raus, den Ablauf etwas zu variieren, weil uns, ehrlich gesagt, das Amiga-Original zu langweilig war.
Die Grafiken für das Intro, zwischen den Leveln und auch der Endscreen wurden mit Koala-Painter erstellt. Das Titelbild wurde zusätzlich mit Sprites und Rasterbars gepimpt. Leider flog der Ladebildschirm mit einem Bus als Motiv aus Platzgründen raus.
Bei der Musik war das eine ähnliche Nummer, bzw da hat Markus Schneider gleich mehrere neue Tunes beigesteuert.
Das Rumgeeiere mit den Tools für den Levelhintergrund war übrigens Anlass dafür, dass intern ein spezieller Editor entwickelt wurde, den man inzwischen auf CSDb herunterladen kann: http://csdb.dk/release/?id=74132
Die folgenden Projekte waren allesamt kleiner. Stone Age fiel dabei etwas aus dem Rahmen, weil für ein Denkspiel wirklich verdammt viele Leute involviert waren. Das war tatsächlich von Marc Rosocha als eine Art Satire auf die Gegebenheiten bei Spielen aus den USA und Japan gemünzt, wo - egal wie klein das Spiel auch war - in den Credits dutzende Entwickler aufgeführt waren, wobei in Deutschland auch bei großen Spielen bereits 6 Leute als viel galten. Also packt man in das Team für ein Schiebespiel 20 Entwickler und nochmal 7 Tester obendrauf. War sicher Over-the-top, allerdings profitierte das Leveldesign ganz erheblich davon. Für mich war es auch angenehm, dass ich in allen Versionen involviert war. Von mir stammt das Dino-Sprite und das Panel in den 16-Bit-Versionen, in der C64-Fassung weiß ich nicht mehr genau, was ich alles gemacht habe (in jedem Fall den Font).
Danach habe ich eigentlich der Branche den Rücken gekehrt, allerdings nur fast. Von Zeit zu Zeit habe ich bei Projekten nochmal ausgeholfen, so auch bei Iron Soldier von Eclipse, welches von Atari vertrieben wurde. Ist auch nicht allzu viel, was da von mir stammt. Zum Einen die ersten beiden Auswahlscreen-Hintergründe und einige Texturen im Spiel. Die Grafik wurde damals auf dem PC mit Deluxe Paint erstellt, wobei ich mir damals einen PC leihen musste. Was übrigens interessant ist, dass der Jaguar wohl eigentlich eine höhere Auflösung unterstützt, als sie am Ende vom Spiel genutzt wurde. Jedenfalls wurden die Bilder ursprünglich auch für diesen erweiterten Grafikmodus ausgelegt, dann aber später beschnitten, was dem zweiten Screen leider nicht besonders gut getan hat. Keine Ahnung, warum das gemacht wurde, vielleicht waren es Probleme mit TV-Standards oder mit der 3D-Darstellung.
(also, bei Jaguar-Videos scheint das mit der Bildqualität ein Problem zu sein. Wollte eigentlich eins ohne Kommentar nehmen, aber alle, die ich gefunden habe, waren entweder verwaschen oder zu dunkel)
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »v3to« (17.09.2019, 23:48)
@v3to:
Du warst bei Starbyte angestellt?!? Dann hast Du ja vermutlich auch die ganze geballte göttliche Herrlichkeit des Herrn Kraft mitbekommen. Ich hatte damals das Vergnügen, ein C64-Spiel (»Soul Crystal«) auf den PC umsetzen zu dürfen. Die komplette Entwicklungs-Arbeit war ziemlich genial und hat auch echt Spaß gebracht, weil der Original-Entwickler da mit einer unglaublichen Motivation hinein gegangen ist. Sobald er aber auch nur eine Sekunde lang mit Starbyte zu tun hatte, gingen die Katastrophen los. Wir haben bei der PC-Version bis ganz zum Schluss davon nichts mitbekommen ... bis eben ganz zum Schluss. Naja ... komischer Laden.
Sehr geile Einblicke in die damaligen Entwicklung übrigens!
Oh, Soul Crystal. Das war die Zeit, als ich von Starbyte wegging. Wurdet Ihr bezahlt (die Nummer habe ich auch durch, als ich danach noch eine Weile als freier Grafiker für Starbyte gearbeitet hatte)?Ich bin mir bis heute nicht sicher, ob die völlig verfehlte Wachstumsprognosen der Grund dafür war, seine Entwickler zu prellen oder eine Lebensphilosophie . Auch wenn es zynisch klingt, aber 'göttliche Herrlichkeit' trifft tatsächlich den Kern.
Wir PC-Entwickler (neben mir übrigens noch Kjersten Waldheim, der später in der PC Player für den Hardware-Teil verantwortlich war) hatten keinen direkten Vertrag mit Starbyte, sondern mit dem externen Projektleiter und Original-Entwickler von »Soul Crystal« (Christian Link). Deswegen wurden wir tatsächlich ganz normal und ohne Verzögerung bezahlt. Außerdem hatten wir damals einen Fixpreis ausgemacht, weil wir das als Testballon für eigene Entwickler-Ambitionen gesehen haben. Wir hatten also kein Nervenaufreiben wegen evtl. Tantiemen und so weiter. Für uns war das eine saubere Sache: Geld her, Ende. Ich habe Herrn Kraft nur einmal kurz kennen gelernt, aber das hat mir gereicht. Wie Du schon schreibst: So eine Person kann das gesamte Weltbild eines jungen unerfahrenen Menschen zum Kippen bringen.
[Nachtrag]
Starbyte ist meiner privaten Meinung nach nicht deshalb untergegangen, weil die Wachstumsprognosen zu hoch angesetzt waren. Die waren total richtig. Man hat ja gesehen, wie der Spiele-Markt jedes Jahr einen Rekord nach dem anderen aufgestellt hat. Bis heute übrigens.
Die sind untergegangen, weil sie nicht wussten, wie man Qualitätssoftware entwickelt, die Mitarbeiter motiviert und das Know-How in der Firma hält. Starbyte ist zu einer Zeit groß geworden, als der Heimcomputermarkt geboomt hat und talentierte aber unerfahrene externe Entwickler-Teams danach lechzten, ein Spiel zu veröffentlichen. Es war leicht an gute Entwickler zu gelangen. Aber wenn man die einer nach dem anderen alle verprellt, dann haben die eben keinen Bock mehr, für Starbyte zu arbeiten oder überhaupt jemals noch Spiele zu entwickeln. Zumal die deutsche Konkurrenz mit BlueByte und RainbowArts auch nicht gerade klein war und dann ja noch die ganzen UK- und US-Firmen hinzu kamen.
Übrigens hat sich diese Mentalität meiner Erfahrung nach in der gesamten deutschen Software-Industrie - nicht nur Spiele-Entwicklung - gehalten: Programmierer sind eine austauschbare Ware, die es möglichst effektiv auszubeuten gilt.
Bei den Wachstumsprognosen bin ich mir ziemlich sicher, dass die mit ein Hauptproblem waren. Es gab vor allem auch einen klaren Cut, als das mit den Querschlägern losging. Das war kurze Zeit nach der Hype-Phase, wo sich Rings of Medusa, Tie Break, Invest und Transworld wie geschnitten Brot verkauften. Bis zu dem Zeitpunkt gab es btw von Entwicklern nie ein böses Wort.
Zu der Zeit gab es dann eine Art Projekt-Offensive und da lief vieles unrund. Ein Problem waren sicher die zu kurz und knapp gehaltenen Teams und dass es keinen rechten Austausch unter den Entwicklern gab. Für eine Wirtschaftssimulation ist das sicher nicht nötig, aber für ein Warrior of Darkness, was sowas, wie ein zum Adventure aufgeblähtes Shadow of the Beast werden sollte, funktioniert das einfach nicht mehr (wurde ewig dran rumgedoktert, und später auch gecancelt. Soweit ich weiß, ein Jahr nachdem ich weg war, wobei bereits zu meiner Zeit gemutmaßt wurde, dass der Entwickler es alleine nicht packt). Nur in der Größenordnung wurde immer weiter gedacht: Ein Rolling Ronny 2 sollte ein Sonic-Killer werden. Dann wurde enorm auf das CDTV gesetzt. Ich war erstaunt, dass Traps and Treasures etwa zwei Jahre nach Plan doch noch erschien (zum Glück, ist ein tolles Spiel).
Es gibt eine Aussage von Jürgen damals, die mMn recht passend zeigt, wie der Mann tickte. Nämlich, dass in den kommenden fünf Jahren ein großes Publishersterben eintreten würde und Starbyte würde zu den letzten verbliebenen fünf großen Softwarehäusern gehören - neben EA und Activision. Das meinte er nicht als Scherz.
Danach verkauften sich aber wohl die kommenden Spiele, bis auf die Wirtschaftssimulationen nicht so gut. Dann kam das Zerwürfnis mit Attic (das seinesgleichen sucht, was da gelaufen ist). Dann bekommt man mit, dass andere Entwickler nicht bezahlt werden. Bzw in meinem Fall hatte ich versucht, über Mahnbescheide an mein Geld zu kommen und da wird einem mitgeteilt, dass die Firma veräußert ins Ausland verkauft wurde. Ein paar Jahre später, dass die Firma eine Odyssee nahm und am Ende Jürgens Frau gehörte.
Dieser Beitrag wurde bereits 7 mal editiert, zuletzt von »v3to« (18.01.2017, 00:23)
Ach, ich war nie so glücklich damit, vor allem da der Coder auch einfach so diverse Paletten ausgetauscht hat.
Ansonsten ist natürlich immer spannend zu lesen, wie das damals so abgegangen ist, auch wenn man mittlerweile den ein oder anderen Erfahrungsbericht kennt.
Ich, als Aussenstehender, habe mir die Arbeitsumgebung der Entwickler immer etwas anders vorgestellt - also mehr High Tech und so. In einer ASM gab es dann mal einen Bericht über Thalion und dazu auch ein Paar Fotos.
Anschließend war ich irgendwie etwas enttäuscht
Hättest Du nicht erwähnt, dass Du da halb auf dem Stuhl schläfst - ich dachte noch "Oh, sehr nett. Sogar Haustiere waren damals erlaubt"
@v3to:
Ich habe über eine Ecke etwas aus dem Munde des Herrn Kraft gehört, was mich damals einigermaßen erschüttert, mir aber auch mein Gefühl für die Firma Starbyte bestätigt hat.
Es ging wohl um das Master eines Spieles. Und kurz vor knapp hätte man noch einen Bug im Endgegner festgestellt, wodurch das Spiel entweder abstürzt oder dieser nicht zu knacken wäre oder Ähnliches. Herr Kraft meinte jedenfalls, dass das Master trotzdem raus soll, weil an die Stelle sowieso niemand hinkommt.
Allerdings betone ich noch mal, dass ich das nicht direkt sondern nur über Umwege erfahren habe. Und ich weiß auch nicht welches Spiel das war und ob es der Bug dann tatsächlich ins fertigen Spiel geschafft hat. Man darf meiner Aussage heute also auch durchaus mit Skepsis begegnen, weil ich nichts davon beweisen kann.
Ungefähr zu dem Zeitpunkt kochte bereits die Gerüchteküche zum Thema N64 von Nintendo, deren Zusammenarbeit mit »Silicon Graphics« und so weiter und so fort. Und ich kann mich noch gut an die Meldung erinnern, dass Shigeru Miyamoto Nintendo um ein halbes Jahr mehr Zeit für Mario 64 erbeten hat, damit sein Team das Spiel noch runder machen kann. Also hat Nintendo die gesamte Konsolen-Produkteinführung verschoben. Die wussten nämlich genau, wenn das nicht der Knaller wird, dann kann Nintendo einpacken. Das meinte ich mit »weil sie nicht wussten, wie man Qualitätssoftware entwickelt«.
Noch einmal ein Sprung zurück: Ich muss auch dazu sagen, dass mir Starbyte ca. um 1990 herum ziemlich sympathisch war. Nach außen machten die einen Eindruck einer kleinen aber feinen Entwickler-Schmiede, die ganz gute Spiel herstellten und auch für diese Spiele einstanden. Keine Überknaller aber auch weitab von Mist. Damals hat der Christian Link abends einfach in der Redaktion der Happy Computer angerufen und hatte dann zufällig mich am Apparat. Er hat dann über seine Idee »Soul Crystal« gesprochen - wir haben, glaube ich, drei Stunden gequatscht, sehr geil - und ich habe ihm Starbyte sogar empfohlen. Da war noch alles gut.
@henrikf:
Das klingt etwas nach Spirit of Adventure, bei dem es wohl ein übler Plotstopper zum Ende hin in die Verkaufsversion geschafft hat. Von der Aussage ist mir nichts bekannt, so ganz wundern würde es mich nicht, allerdings habe ich da trotzdem Zweifel.
Nicht wundern würde es mich, weil es immer so eine Alles-oder-Nichts-Abnahmementalität bei den Publishern gab. Wurde zu Tag X die Ware nicht geliefert, zieht ein Abnahmestopp oder die Abnahme wurde nicht garantiert. Nichts genaues weiß man natürlich nicht, allerdings war das auch bei anderen Herstellern, mit denen ich zu tun hatte, vergleichbare Zustände. Ehrlich gesagt hätte ich gerne bei Bomico Mäuschen gespielt, welche Bedingungen dort ausdiskutiert wurden.
Zweifel habe ich deshalb, weil ich einige Male mitbekommen habe, wie mit Überschreiten von Tag X umgegangen wurde. Das war dort eher Projekt canceln oder Riesen-Drama, gerne mit Nachverhandlung.
Wobei ich es tatsächlich schon erlebt habe, dass man am Ende auf die Qualität pfeift. Ich habe ja das Zerwürfnis mit Attic erwähnt, welches auch von Guido Henkel öffentlich thematisiert wurde. Dabei war ich aus damaliger Sicht unbewusst Zaungast. Die genauen Beweggründe, die zur Eskalation führten, kannte ich damals nicht (nach den Statements von Guido Henkel ging es wohl um die C64-Version vom o.g. Spirit of Adventure, die Attic selbst in Auftrag gegeben hatte). Soweit kam es nicht, bzw statt dessen bekam German Design Group den Job. Wusste ich zu der Zeit auch nichts davon.
Ich war schon länger nicht mehr bei Starbyte, da klingelte das Telefon und ich wurde gefragt, ob ich Zeit und Lust hätte, die Grafik zu überarbeiten. Die wurde wohl schlicht auf 4 Farben runterkonvertiert und hatte eine fürchterliche Qualität. 3 Wochen hatte ich zur Verfügung, abzüglich Postweg. Was dann kam, war schon... speziell. Nach einer Weile kam eine Diskette voller Grafiken. Rohdaten zerlegt in Sprites, quasi direkt aus dem Spiel gezogen. Also, ich hatte keinen Converter zur Hand, der das ins Paint Magic Daten wandeln konnte und auf die Schnelle auch keinen Coder um zu helfen (mal abgesehen davon, dass das auch Zeit und Geld gekostet hätte). Kontakt zum Programmierer war auch irgendwie nicht möglich.
Also nimmt man das erstbeste Tool, das war das Shoot Em Up Construction Kit, weil man dort die Sprites wenigstens zu Bildern arrangieren konnte und versucht, soweit zu kommen, wie es geht. Das muss man sich etwa so vorstellen, als ob man ein Puzzlespiel in Teilen bekommt und man soll die Grafik über die einzelnen Puzzleteile nachzeichnen. Das Ergebnis war entsprechend. Nicht nur bei der Grafik, beim Spiel ebenfalls. Wenn man andere Titel von GDG kennt, weiß man, dass sie zwar technisch sehr schlicht gehalten und auch basiclastig sind, aber zu Recht einen guten Ruf genossen. Das wirkte allerdings auf die schnelle zusammengeklöppelt, als ob der Coder für ein ausgewachsenes Rollenspiel vielleicht 6 Wochen Zeit hatte. Jedenfalls wurde das Spiel trotzdem in dem für meine Begriffe unfertigem Zustand in den Handel gegeben.
Btw war die Geschichte danach, dass man sich aufgrund dessen auf ein reduziertes Honorar einigte, was aber nie kam und dann die Aktion mit dem Firmenverkauf losging. Was ich damals in meinem jugendlichen Leichtsinn so krass fand, dass man sich selbst als Versager in diesem Projekt fühlt, eigentlich nach Strich und Faden verarscht wurde und erst Jahre später mitbekommt, was da gelaufen ist - dass Attic für das Hauptprojekt nach Aussage des Firmeninhabers auch nicht bezahlt wurde.
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »v3to« (18.01.2017, 11:18)
Ach ja, genau, das hatte ich ja schon wieder ganz vergessen, dass das auch die große Kunst der Herren Kraft und Scheer war (Anm.: Markus Scheer, »Moorhuhn« und Pehnomedia AG und Insolvenzverschleppung und drei Jahre Haft und so), das eigene Versagen den Mitarbeitern einzureden. Deadline aushandeln - die sowieso schon recht »sportlich« angesetzt ist - das dann selber verzögern, indem man nicht die nötigen Ausgangsdaten liefert und dann darauf pochen, dass die Deadline eingehalten wird. Das hatten wir in der Endphase der PC-Version von »Sould Crystal« ebenfalls. Wir sollten eine Musik-Routine mit den Musikstücken bekommen. Die Stücken waren Konvertierungen bei Starbyte der Amiga-Stücke. 2 Monate lang ist gar nichts passiert. Dann kamen EIN TAG vor Abgabe des Masters die Disketten mit der Musik-Routine - Gott sei Dank gut dokumentiert - und die Musikstücke. Anstelle der 12 Originalstücke waren es derer nur drei, weil der In-House-Musiker nicht mehr geschafft hat. Also Nachts mit Christian telefoniert und diese drei Stücke auf die 12 Stücke original vorgesehenen Stücke verteilt. Hat funktioniert ... aber wie Du schon schriebst wurde auf Qualität zum Schluss eben gesch***n. Die C64-Version von »Soul Crystal« genießt bis heute übrigens einen sehr guten Ruf. Das war auch die Version, auf die Starbyte den geringsten Einfluss hatte.
Zum Glück habe ich so etwas mit 27 erlebt, da ich schon ein klein wenig Erfahrung im Berufsleben hatte. Und es hilft mir aktuell in meinem Berufsleben: a) Aufträge mit Komplettzahlungen gibt es nicht; es werden immer monatliche Teilzahlungen vereinbart b) Wenn der Kunde die Deadlines selber nicht hält: Pech für ihn. c) Kommt mir der Kunde während der Entwicklung komisch: Pech für ihn. d) Akzeptiert der Kunde diese Bedingungen vor Projektbeginn nicht: Pech für ihn. Bisher haben alle meine Kunden nach dieser Methode gearbeitet. Und wenn ich merke, dass da ein Kunde für sein Projekt brennt, dann reiße ich mir auch gerne den Popo auf. Und Du glaubst gar nicht, was für ein freundliches entspanntes Miteinander das in nahezu allen meinen Projekten ist.
Hättest Du nicht erwähnt, dass Du da halb auf dem Stuhl schläfst - ich dachte noch "Oh, sehr nett. Sogar Haustiere waren damals erlaubt"
Bei dem, was ich damals mit meinen Haaren angestellt hatte, gab es von der Rückseite her schon gewisse Ähnlichkeiten zu einem Tribble
@henrikf:
Als Konsequenz hatten wir vom Team her uns anderen Partnern zugewandt. Rückwirkend betrachtet, war das auch kein Starbyte-exklusives Thema, wie damals mit Entwicklern umgesprungen wurde und wenn man manchmal so liest, wie es sich in Teilen der Branche bis heute mit Crunchtime und Vergütungen verhält, hat sich offensichtlich nicht besonders viel geändert.
Mit dem Abstand von heute, versuche ich auch, möglichst rational mit dem Thema umzugehen. Bei etwa einer Handvoll Leute gelingt mir das nicht, zb bei Jürgen. Mein Eindruck war, dass solch jungfräuliche Bereiche, wie die Spielebranche damals war, Parasiten anzogen, wie das Licht die Motten. Die ohne Rücksicht auf Verluste Talente verheizten. Ich lehne mich jetzt mal etwas weit aus dem Fenster, aber ich bin davon überzeugt, dass die Branche ein ganz anderes Standing heute haben würde, hätte es diese Entwicklung damals nicht gegeben.
Andererseits fehlt mir allerdings auch die Fantasie, wie man gezielt mit Horden von Jungentwicklern umgeht, die selten in der Lage waren, Aufwände bzw die eigenen Fähigkeiten abzuschätzen oder teils aus eher anarchischem Umfeld kommen, wie der Crackerszene. Wenn ich mein damaliges ich mit dem heutigen vergleiche - dazwischen liegen Welten.
Bei Markus Scheer erlaube ich mir übrigens kein Urteil und habe auch persönlich keine Probleme mit ihm, trotz der Sache mit Starbyte und Phenomedia. Liegt an seiner Vita, daran, dass ich weder von Ablauf noch Umfeld der Insolvenz von Phenomedia was weiß und weil ich ihn zumindest bei Greenwood ohne Jürgen erlebt habe. Wobei ich aufgrund der Historie mit ihm heute auch keine Projekte mehr angehen würde.
Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von »v3to« (18.01.2017, 13:32)
... und wenn man manchmal so liest, wie es sich in Teilen der Branche bis heute mit Crunchtime und Vergütungen verhält, hat sich offensichtlich nicht besonders viel geändert.
Was man offensichtlich den meisten Spielen anmerkt. Fast alles wird kaputt ausgeliefert und erst später repariert. Das ist einer der Gründe dafür, dass mich Videospiele für aktuelle Plattformen nicht interessieren.
... was ich bei der Gelegenheit noch sagen will, weil sich der Thread etwas verallgemeinernd liest: Es gab auch eine Menge Leute bzw Firmen, mit denen die Zusammenarbeit die reine Freude war. Besonders Marc Rosocha, Holger Flöttmann und Ralf Kleinegräber sind mir nachhaltig im Gedächtnis geblieben.