Sodele, ich war also gestern auf dem Konzert und nach einer viel zu kurzen Nacht bin ich also wieder geistig fit. Die Nacht war auch deshalb kurz, weil das Münchner Verkehrsamt in seiner grenzenlosen Weisheit den relativ neuen Tunnel am Arabellapark nachts gesperrt hat, so dass sich die hunderte von Autos vom Konzert mitten in der Nacht eine Stunde lang gestaut haben (normalerweise benötigt man um die zeit so 15 Minuten bis zur Autobahn Rammersdorf). Naja, egal.
Vorweg genommen: Da ich glühender a-ha-Fan bin, die drei Jungs nun in einem Alter sind, da sie so gar nicht mehr »Jungs« sind und das dank Videoprojektion im Hintergrund auch deutlich zeigen, trotzdem aber diese Musik live von sich geben, bin ich natürlich begeistert. Und ich würde auch sofort wieder auf das nächste Konzert gehen.
Ja, ich bin begeistert, allerdings gibt es leider einen echten Knackpunkt: Der Sound der Darbietung. Die Musik war im ersten Teil ihrer »Show« - dazu gleich noch mehr - so unausgewogen, dass der Supergau passiert ist: Man hat den Sänger Morten Harket so gut wie nicht gehört. Nun muss man als Nicht-a-ha-Fan wissen, dass Morten Harket eine äußerst präzise feinfühlige Stimme hat, die Songs von a-ha eben den Flair geben, den sie haben. Der Flair war weg. Ich hatte schon die Befürchtung, dass sich Herr Harket bewusst zurück hält, weil seine Stimme eben nicht mehr die eines 25jährigen sondern die eines 55jährigen ist. Dann kam aber der Schlussakkord von
Stay On These Roads und im Gegensatz zum Original-Song hat Herr Harket hier, als alle Instrumente am verstummen waren, noch einmal seine Engelsstimme erhoben ... und sofort stellte sich die Gänsehaut ein: Er kann es noch! *uff*
Deswegen gibt es zwei Erklärungen: Entweder haben die Tontechniker einfach geschlafen oder Onkel Morten hat seine Stimme für den zweiten Teil der Show geschont, denn da kamen die üblichen a-ha-Kracher wie
The Sun Always Shines On TV und natürlich
Take On Me. In dem Fall hätten die Tontechniker trotzdem geschlafen, denn sie hätten die Stimme im ersten Teil weiter nach vorne regeln müssen. Für die erste Theorie spricht, dass Herr Harket bei den Songs
Velvet (Pål Waaktaar-Savoy) und
Livelines (Magne Furuholmen) seine beiden Kollegen hat singen lassen. Mal abgesehen, dass das für mich ein echtes Live-Highlight war - denn normalerweise hört man die beiden nur im Hintergrund-Chor und hier haben sie gezeigt, dass sie auch echt richtig gut solo singen können - hat man die beiden plötzlich gut gehört und verstanden. Er hat in dieser Zeit also ein wenig verschnauft. Im darauf folgenden Lied ist er erst wieder ca. ab dem ersten Drittel des Songs auf der Bühne erschienen.
Überhaupt war ganz spannend, dass die »Show« eigentlich Magne geschmissen hat. Wenn es um Ansprachen an das Publikum und die Vorstellung der anderen Live-Band-Mitglieder ging, dann hatte er das Wort. Was ich wiederum sehr gut finde, denn das unterstreicht, dass die Band eben nicht Morten Harket und zwei weitere Musiker ist, sondern drei völlig gleichberechtigte Kollegen. Genau genommen schreiben und komponieren die anderen beiden so gut wie alle Songs, und Morten singt das Ganze dann.
Womit wir dann bei der »Show« an sich wären: Die Lichteffekte und die hübschen Videoprojektionen im Hintergrund waren beeindruckend. Bei dem Song
Here I Stand And Face The Rain aus ihrem allerersten Album von vor 32 Jahren wurden auf den Videowänden zum Beispiel bunte Glasfenster wie in einer Kathedrale eingeblendet, sehr stimungsvoll, und der Beginn des Abends mutete wie eine Mischung aus David Lynchs Film
Lost Highway und dem Videospiel
Silent Hill an. Auch die Lichtscheinwerfer wurden effektvoll ins Szene gesetzt; oh ja, sehr sogar.
Ansonsten: Nix. Die drei stehen da und spielen halt ihre Musik. Vor allem ist mir das bei Morten Harket aufgefallen, der beim Singen einen hochkonzentrierten Eindruck machte. Was für mich, der ich ja selber so einige a-ha-Songs leidlich drauf habe, superspannend anzusehen war. Vor allem wenn er die ganz hohen Falsett-Töne anstimmte, war ihm da eine deutliche Konzentration anzusehen. Lediglich ein gereckter Zeigefinger deutete mal zaghaft darauf hin, dass das Publikum auf das jetzt kommende aufpassen solle. Was allerdings auch ein Zeichen für den Tontechniker gewesen sein könnte.
Auch Pål war so dermaßen auf seine Gitarre fixiert, dass da kaum Spielraum für eine anderen Bewegung übrig blieb. Nebenbei bemerkt ist er zwar am stärksten von den dreien gealtert, was man dank Nahaufnahmen auch hier deutlich sehen konnte. Aber irgendwie, vielleicht auch dank seines immer präsenten »Kaffeewärmers« auf dem Kopf, kommt er immer noch als Lausbube rüber.
Lediglich Magne stand breitbeinig hinter seinen beiden Keyboards und hat diese bearbeitet. Eine »Show« in dem Sinne ist das nicht. Was aber nicht schlimm ist, denn a-ha überzeugt ja nun durch die Musik. Das ist genau anders herum zum Beispiel bei den
Stones, deren Musik - meiner bescheidenen Meinung nach - ziemlich mittelmäßig ist, die das aber durch ihre fetzige Bühnen-Performance heraus reißen. Außerdem machten die Ansprachen von Magne an das Publikum einen sehr sympathischen menschlichen Eindruck, abseits von jeglichem Star-Rummel. John Bon-Jovi spricht sein Publikum echt anders an.
Spannend war dann auch das Publikum: Bei dem Song
Hunting High And Low hat Morten Harket minutenlang den Refrain vom Publikum singen lassen. Und wir haben es gesungen; meine Fresse, haben wir gesungen! Gänsehaut. Und dann gab es tatsächlich einige kreischende Zwischenrufe von Mädels im Publikum an Herrn Harket. Ich befürchtete schon, dass einige Damen ihre Sweat-Shirts lüpfen würden. Bei einem Durchschnittsalter des Publikums in der Nähe des Alters der drei Norweger wäre das ein minder spannender Anblick gewesen. Ist glücklicherweise nicht passiert. Aber ich kann mir vorstellen, wie das vor 30 Jahren abgegangen sein muss, als a-ha noch als Teenie-Pop-Band galt.
Ja, war schön, das nächste mal aber bitte mehr mit dem Sound aufpassen.