Gestern habe ich Rise of the Tomb Raider auf der X360 nach rund 17 Stunden mit knapp 89% beendet. Gespielt habe ich durchgehend auf dem normalen Schwierigkeitsgrad (der Schwierigkeitsgrad lässt sich jederzeit ändern).
Im Prinzip orientiert sich das neue Tomb Raider am 2013er Reboot, bietet allerdings etwas mehr Umfang. Die Geschichte rund um eine göttliche Quelle welche ewiges Leben spendet, der Geheimorganisation Trinity, der sagenumwobenen Stadt Kitesch und einem von der Außenwelt isoliert lebenden Volk ist jetzt nichts was einem die Kinnlade herunterkippen lässt, hält aber bei der Stange und wird durch zahlreiche Zwischensequenzen, sehr guten deutschen Sprechern und (zu) zahlreichen Audiologs gut erzählt. Apropos deutsche Sprecher - Nora Tschirner hat als Lara Croft ausgedient, stattdessen darf jetzt die deutsche Synchronstimme von Jennifer´Katniss´Lawrence, Maria Koschny, ran. Auch sonst wird auf der Audioseite mit zahlreichen FX und dem dynamischen Soundtrack eine Menge geboten, auch wenn so ein markantes Theme wie die Uncharted-Serie es zu bieten hat leider weiterhin fehlt.
Grafisch darf die mittlerweile zehn Jahre alte X360 noch einmal kräftig die Muskeln spielen lassen und liefert mit ROTR ihr vielleicht schönstes Spiel überhaupt ab - weitläufige, äußerst hübsch gestaltete und von zahlreichen Wildtieren bevölkerte, Areale, großartige Lichteffekte und eine nahezu konstant hohe Framerate machen Laras neuestes Abenteuer zu einem echten Hingucker. In der Beziehung scheint die X360-Fassung der ansonsten deutlich hübscheren XBone-Version übrigens den Rang abzulaufen - hier hat man es anscheinend mit der Auflösung etwas übertrieben, so das regelmäßige Slowdowns und damit auch eine unpräzise Steuerung den Spielspaß ein wenig trüben.
Wie schon angedeutet, darf man von ROTTR keine spielerische Revolution oder ein Back to the Roots erwarten. Komplexe Sprung- und Rätselpassagen wie in den Ur-Spielen sucht man auch weiterhin vergebens. Es gibt mehr und ein klein wenig umfangreichere der optionalen Gräber zu erforschen, allerdings warten hier nur selten besondere Kopfnüsse auf den Spieler. Die physikspielereien hat man in der Regel nach wenigen Minuten durchschaut aber der Weg zeigt zumindet schon mal wieder in die richtige Richtung. Neben den Gräbern gibt es zudem allerlei andere Dinge zu entdecken und einzusammeln - stellenweise schon ein wenig zu viel. Wenn Lara alle fünf Meter ein Kiste, eine Höhle, eine Krypta, ein Relikt, ein Dokument, ein Audiolog, ein Münzversteck etc. findet, wäre etwas weniger manchmal doch wünschenswert gewesen.
Auch in Sachen Action orientiert man sich weitestgehend an den Vorgänger - es wird also wieder eine Menge Munition verballert und zahlreiche Explosionen zerreissen die ansonsten Stille Umgebung Sibiriens. Stichwort Sibirien. Mit Ausnahme des famosen Einstieglevels in Syrien spielt das komplette Spiel im eisigen Sibirien. Das ist kein großes Problem aber gerade der Part in Syrien ist schon richtig richtig gut gelungen. Schade, davon hätte ich gerne mehr gesehen.
Dank des Craftingsystems in welchem man Lara neue Fähigkeiten in den Kategorien Kämpfer, Jäger und Überlebender beibringen und zahlreichen Waffen die modifiziert und verbessert werden können, spielt sich ROTTR stellenweise ein wenig wie ein klassisches Metroid-Spiel. Wege die vorher unpassierbar erschienen, können mit späterer Ausrüstung problemlos beschritten, Höher gelegene Abschnitte die unerreichbar waren werden bravourös erklommen. Entsprechend gibt es mit der erweiterten Ausrüstung und den gesteigerten Fähigkeiten auch wieder Backtracking was aufgrund des Schnellreisesystems das schon aus dem Vorgänger bekannt ist, aber wieder kein Problem darstellt.
Negativ sind mir eigentlich nur zwei Dinge aufgefallen. So gut die Steuerung grundsätzlich auch ist, ist das zielen in der Zoom-Ansicht einfach viel zu träge, hier sollte nachgepatcht werden. Weiterhin ist der Wechsel zwischen Film- und Spielsequenzen etwas blöd gelöst: Lara kann unterschiedliche Kleidung anziehen und wenn sie in der Spielsequenz beispielsweise ihr Kommandoutfit trägt und eine Sekunde später in der Filmsequenz plötzlich einen einfachen Parker, wirkt das etwas seltsam, zumal man auf die Filmsequenzen aufgrund der hohen Grafikqualität eigentlich komplett hätte verzichten können. Eigentlich Kleinigkeiten aber ich wollte sie dennoch erwähnen. Die Speicherpunkte sind extrem fair gesetzt und Frust sollte hier eigentlich zu keiner Zeit aufkommen.
Ja, am Ende bleibt ein sehr sehr gutes Spiel mit dem ich sehr viel Spaß hatte. Nathan Drake darf sich im März zumindest schon mal warm anziehen.
Wie eingangs erwähnt stehe ich derzeit bei rund 90% Spielfortschritt - die ein oder andere Nebenquest steht also noch offen. Da man nach dem Durchspielen eine Art Expeditionsmodus starten und nicht erledigte Aufgaben angehen kann, werde ich sicherlich noch einmal einige Stunden mit dem neuen Tomb Raider verbringen. Zur Onlinekomponente mit ihren Herausforderungen, Kartensets, Microtransactions & Co. kann ich überhaupt nichts sagen - der Kram interessiert mich nicht.