So, hier mal mein kurzer Bericht zu "Fallout 4" auf der PS4 nachdem ich kürzlich die Hauptstory beendet habe.
Wie lang ich letztendlich gebraucht habe, kann ich leider nicht genau sagen, da die Spieldauer in der Konsolenversion unverständlicherweise nicht angezeigt wird. Schätzungsweise müssten es jetzt aber so rund 120 Stunden gewesen sein, wobei ich eine Menge gesehen und entdeckt habe, beileibe aber nicht alles.
Die Geschichte von Fallout 4 beginnt mit einer Art spielbarem Prolog im Jahr 2077, kurz bevor die Welt in einer nuklearen Katastrophe fast vollständig vernichtet wird. Als Vater oder Mutter (hier kann man sich im Charaktereditor nach herzenslust austoben - zumindest optisch) des kleinen Shaun, möchte man sich gerade auf einen gemütlichen Nachmittag mit der Familie vorbereiten als in den Nachrichten erste Meldungen von atomaren Explosionen gesendet werden. Kurz darauf sprintet die kleine Familie schon zum nahe gelegenen Vault 111 und erreicht den sicheren Hafen just in dem Moment, als eine Rakete direkt das Zentrum von Boston trifft - dem Handlungsort von Fallout 4.
Unter dem Vorwand einer Dekontamination wird die Familie in einen Kryoschlaf versetzt und nach einer nicht näher spezifizierten Zeitspanne kurz aufgeweckt. Hier muss man als Spieler tatenlos zusehen wie das eigene Kind von einer unbekannten Gruppe entführt und der Ehepartner erschossen wird. Nach einem Defekt im Vault wacht der Spieler schließlich im Jahr 2287 auf und macht sich auf die Suche nach seinem Sohn und den Mördern des Partners. Das ist die Ausgangslage von Fallout 4.
Boston, bzw. das Commonwealth präsentiert sich trotz der nuklearen Verwüstung als eine wunderschön gestaltete und riesige Open World in der es sprichwörtlich an jeder Ecke etwas zu entdecken gibt. Die ein oder andere Textur ist sicherlich nicht auf der Höhe der Zeit, es gibt vereinzelte Clippingfehler und manchmal vergessen Charaktere beim sprechen den Mund zu bewegen - übrigens in einer sehr gelungenen deutschen Vertonung - als Gesamtwerk betrachtet ist Fallout 4 aber von der technischen Seite her absolut gelungen und wirkt trotz der enormen Größe niemals generisch, sondern so als hätten die Spieldesigner jeden Grashalm liebevoll von Hand "gepflanzt". Und genau das ist es, um mal vorzugreifen, was mich an Fallout 4 so begeistert - die Spielwelt selbst, der eigentliche Star im Spiel.
Im Rahmen der Hauptquest - der Suche nach dem eigenen Sohn - trifft der Spieler auf vier recht unterschiedliche Hauptfraktionen welchen er sich anschließen kann. Da wären zunächst einmal die Minutemen. Selbstlose Verteidiger des Commonwealth welche es sich zur Aufgabe gemacht haben die zahlreichen Siedler gegen Raider, Supermutanten und sonstige Störer zu beschützen, geordnete Strukturen und Versorgung aufzubauen und das Commonwealth wieder zu einem lebenswerten Ort zu machen.
Die stählerne Bruderschaft. Eine durch und durch militärisch und hierarchisch aufgebaute Truppe, denen es ebenfalls um geordnete Verhältnisse geht, bei denen Ehre, Treue und Opferbereitschaft allerdings an erster Stelle stehen und die einen Groll gegen alles absonderliche Hegen. Synths eingeschlossen.
Apropos Synth...die bringen uns zur dritten Fraktion. Dem ominösen Institut. Das Institut ist eine hochtechnologische Fraktion die aus dem Verborgenen heraus arbeitet, menschenähnliche Roboter konstruiert (und diese gegen ihre menschlichen Gegenparts heimlich auswechselt) und deren Ziele lange im Geheimen bleiben. Schließlich wäre da noch die Railroad. Diese Fraktion hat es sich zur Aufgabe gemacht das Institut zu bekämpfen und die Synths, die von der Railroad als menschliche Wesen anerkannt werden, zu befreien.
Nach fortgeschrittener Spieldauer kann man sich nach und nach jeder dieser vier Fraktionen anschließen und Aufgaben für diese erledigen, auch parallel. Kurz vor dem Ende jedoch, muss man sich zwischen der Bruderschaft, dem Institut sowie der Railroad entscheiden. Die Minutemen können auch weiterhin unterstützt werden und Verbündete bleiben. Das ist ehrlich gesagt auch einer meiner größten Kritikpunkte am Spiel. Am Ende läuft es (scheinbar) auf ein großes Massaker heraus, wobei Fallout 4 generell sehr auf gewalttätige Konfliktlösung getrimmt ist. Versteht mich nicht falsch, mir ist durchaus bewusst, dass die Serie noch nie sonderlich zimperlich gewesen ist aber zumindest in Fallout 1 und 2, soweit ich mich erinnern kann, waren die Möglichkeiten Quests zu beenden deutlich vielfältiger (Fallout 3 habe ich nicht gespielt, kann dazu also nichts sagen). Und das betrifft nicht nur allein Die Haupt- sondern auch zahlreiche Nebenquests. Ja, zwischendurch kann man auch mal die Waffen schweigen lassen aber die Vielfältigkeit vergangener Tage sucht man hier leider vergebens. Ich bin alles andere als ein Pazifist was Spiele anbelangt und letztendlich habe ich mich auch auf die Seite der stählernen Bruderschaft geschlagen, aber hier wurden tolle Möglichkeiten einfach nicht genutzt. Im Netz kursieren Gerüchte darüber das es auch eine "friedliche" Lösung geben soll, die allerdings nur unter ganz bestimmten Umständen zu erreichen ist...keine Ahnung ob das stimmt.
Das mag vielleicht auch ein wenig dem eigentlichen Gameplay geschuldet sein, da sich Fallout 4 über weite Strecken fast schon wie ein Ego-Shooter spielt (trotz der Tatsache das man auch in die 3rd Person Ansicht wechseln kann). Ich habe allerdings eher den Eindruck das man hier den modernen Spielegeschmack (ich vermeide absichtlich den Begriff "vercasualisiert") befriedigen wollte - was angesichts der Entwicklungskosten die so ein Mammutprojekt verschlingen dürfte aber auch nachvollziehbar ist. Das V.A.T.S. ist dennoch vorhanden und erlaubt dem Spieler weiterhin in eine Art Zeitlupenmodus umzuschalten und abhängig von den zur Verfügung stehenden Aktionspunkten einzelne Körperteile gezielt anzuvisieren, anzugreifen und diese abzutrennen oder gleich in einer großen roten Fontäne zerplatzen zu lassen. Die Änderung weg vom statischen, hin zum Zeitlupenmodus gefällt mir übrigens ausgesprochen gut. Es passt zum ohnehin verhältnismäßig flotten Gameplay.
Neben dem V.A.T.S. ist das S.P.E.C.I.A.L-System inkl. Perks, Skills & Co. ein zentraler Bestandteil des Spiels. Hier kann man Erfahrungspunkte nach herzenslust verteilen und neben Fähigkeiten wie Schlösserknacken, einer höheren Tragekapazität oder Werten für Glück und Charisma auch skurrile Perks erwerben. Besonders gelungen fand ich hier einen Perk mit dem man im V.A.T.S. nach einem Zufallsprinzip einen unbekannten, namenlosen Angreifer im Trenchcoat in das Gefecht schicken kann, der den Gegner ohne wenn und aber erledigt - unterlegt mit einer mysteriösen Pianomusik, großartig. Neben Erfahrungspunkten erzeugen bestimmte Zeitschriften, Wackelkopffiguren und Comics, die man leider nur sehr selten findet, eine Verbesserung des Charakters. Man freut sich fast schon wie ein Kind wenn einem mal wieder eine Ausgabe von "Gronak der Barbar" oder "Unglaubliche Geschichten" in die Hände fällt. Und diese seltenen Funde sind es, die mich zum nächsten Punkt bringen. Der Erkundung der Spielewelt.
Die Welt von Fallout 4 ist alles andere als klein, was heutzutage sicherlich kein Alleinstellungsmerkmal ist Allerdings ist es wirklich so, dass hier nicht einfach nur Straße an Baum, an Haus etc. aneinandergezimmert wurden um eine möglichst große (langweilige) Spielewelt zu erschaffen. Im Gegenteil. Alles wirkt sehr organisch und lädt zum erkunden ein. Auf dem Weg zu einer Quest finden sich eigentlich immer zahlreiche Objekte die auf eine weitere Erkundung durch den Spieler warten. Hier findet man neue Charaktere, Waffen und Ausrüstung, Holotapes die eine Geschichte erzählen oder man hackt ein Terminal und liest sich durch zahlreiche private E-Mails - oftmals erzeugen solche Exkursionen weitere Quests welche dann ihrerseits auch wieder neue Quests erzeugen. Die Qualität dieser Quests oder Eintragungen reichen von hui bis pfui. Als Beispiel habe ich mal die Audioaufzeichnungen eines Bewerbungsgespräch für die Stelle eines Vault-Aufsehers gefunden - einfach nur klasse und Satire pur...ich musste herzlich lachen.