@dmon
zu dem Spoiler
Ein Punkt, den ich konträr sehe, ist das Thema Sex in Witcher 3 und in Cyberpunk. Ich kann die exhibitionistische und gleichermaßen prüde Darstellung in Witcher nicht leiden und habe dort Sexszenen so weit es eben ging vermieden. In Cyberpunk 2077 bin ich ehrlich gesagt froh, dass zwar Nacktheit mehr oder weniger unverblümt ins Spiel eingebunden wurde (während im Charakter-Editor auch primäre Geschlechtsteile definiert, gibts im Spiel einen Weichzeichner drüber), dass einerseits die Variationen an erotischen Abenteuern auf das Maß eines Mass Effects reduziert wurden und erfreulicherweise optional bleibt.
Btw Geralt van Riva finde ich alles mögliche, nur nicht sympathisch. Der Mann ist oberflächlich ein sexbesessener, grummliger Eigenbrödler, der für mich erst durch seine Zwischentöne interessant wird.
Nur in den Charakteren sehe ich auch in der heutigen Zeit ein individuelles Qualitätsmerkmal für verschiedene Spielertypen. Mir gefällt tatsächlich an "V", dass ich als Spieler an einem Punkt seines Lebens reingeworfen wurde - und das mal ohne die übliche Backstory oder Gedächtnisverlust. Die Dinge sind, wie sie sind und das Spiel vermittelt den Charakter hauptsächlich über Dialoge im hier und jetzt. Finde ich sehr effektiv, um mich mit ihm/ihr zu identifizieren.
Ich möchte auch nochmal auf die fehlende KI eingehen. Ich empfinde die Action in Cyberpunk in etwa vergleichbar mit der aktuellen Tomb-Raider-Trilogie. Da hat es mich nie wirklich gestört, dass die Gegner sich sehr schlicht und vorhersehbar verhalten haben. Ich muss allerdings dazu sagen, dass mich auch eher stört, wenn mir ein derartiges Spiel skill-basiertes Gameplay aufzwingt. Wenn man darauf Wert legt, wird mit Horizon Zero Dawn oder Soulsbornes gut bedient. Ich brauche das nicht.
Edit:
Die Development-Hell der letzten acht Jahre hilft dem Argument "wenn sie mehr Zeit haben/gehabt haetten wird es besser" auch nicht wirklich.
Dass das Spiel verfrüht auf dem Markt kam, ist nun weniger eine Rechtfertigung, als vielmehr eine Feststellung. Das ist Status quo und zumindest geht der Hersteller damit recht offen um und es wird weiter dran gearbeitet. Unabhängig davon ist Cyberpunk 2077 bereits im jetzigen Zustand ein Ausnahmespiel und es wird dem Werk nicht gerecht, die Argumentation in die Richtung zu ziehen, dass die Entwickler scheinbar nach Witcher 3 verlernt haben, wie mein ein gutes Spiel designt. Das passt zumindest nicht zu dem Spiel, welches ich hier vor mir habe. Die Mängel, die ich sehe, liegen größtenteils in der Technik oder Scripting.
Ich habe auch allgemein ein Problem damit, eine Checkliste zu definieren, was ein gutes Spiel ausmacht. KI ist mMn kein allgemeingültiges Qualitätskriterium, Crafting-Mechaniken ebenso wenig. Ich gehe schon mit, dass einige Spielelemente in Cyberpunk 2077 mehr Gimmick als notwendig sind - aber nicht das gesamte Konstrukt. Für meinen Geschmack würde dem Spiel auch mehr Cyberspace gut tun. Nichts desto trotz, bleibt ein rundes Gesamtkonzept, das Spiel hat eine individuelle Handschrift, die im AAA-Segment nicht selbstverständlich ist. Überhaupt ist die Spielmechanik gegenüber Witcher 3 wesentlich zugänglicher geworden. Dann die wirklich hervorragende Umsetzung einer lebendigen Metropole.