Warum hat mir das niemand gesagt? Wie konnte das an mir vorbeigehen? Es ist nicht so, dass ich nicht gewusst hätte, was für eine Art Spiel „Earth Defense Force“ ist, das lässt sich ja überall nachlesen. Es ist Trash. Oder etwas diplomatischer ausgedrückt: „Earth Defense Force“ ist eine denkbar simpel gestrickter Highscore-Shooter, dessen Stärken nicht in Grafik und Komplexität liegen, sondern in purem anarchistisch-chaotischen Ballerspaß. Man spielt eines von drei Mitgliedern einer die Erde gegen böse insektoide außerirdische Angreifer verteidigende Einsatztruppe namens … ähm … Earth Defense Force (kurz: EDF). All das war mir bekannt. Was ich allerdings nicht wusste, war das:
Die Umgebung ist zerstörbar! Ich wiederhole noch einmal: DIE! UMGEBUNG! IST! ZERSTÖRBAR! Jedes – absolut jedes – Spiel wird besser, wenn man im Spielverlauf Dinge physikalisch halbwegs korrekt kaputt machen kann. „Earth Defense Force“ mag vielleicht so oder so ein unerwartet unterhaltsames Spiel sein, aber für mich persönlich war dieses eine Feature der Unique Selling Point. Hätte ich nicht durch Zufall mitbekommen, dass man ganze Hochhäuser zum Einsturz bringen kann, hätte Kim Jong-un persönlich vorbeikommen und bei dem Leben eines Onkels schwören können, dass es das unterhaltsamste Spiel aller Zeiten ist und ich hätte es ihm nicht geglaubt. Aber da ich vom Zerstörungspotential des Spieles wusste, war ich ohne einen Moment des Zögerns bereit die 7,99 € auszugeben, die Steam für „Earth Defense Force: Insect Armageddon“ von mir haben wollte. Bin ich der Einzige, dem es so geht? Bin ich der Einzige, der durch die Lust an der Zerstörung verführt wird.
MACHT ES KRACH, WERD ICH SCHWACH
Zerstörung ist mein persönliches Spiele-Kryptonit. Vermutlich könnte man mir den größten Schrott vorsetzen und ich würde zuschlagen, solange ich nur Stück für Stück die Umgebung zerlegen kann. All das nahm bereits in frühester Kindheit seinen Anfang, zu einer Zeit, in der ich noch analog gespielt habe. Ich konnte Stunden damit verbringen ganze Städte aus Bauklötzen zu errichten, um sie dann genüsslich mit Tennisbällen zu bombardieren und dem Erdboden gleich zu machen. Es bereitete mir tierische Freude, die zuvor errichteten Gebäude beim Einsturz zu beobachten und kaum lag die gesamte Stadt in Schutt und Asche, ging das Spiel von vorne los. Auch Lego-Burgen und Matchbox-Autos waren gerne gesehene Opfer von systematischer Zerstörung und Deformation. Ich war ein seltsames Kind.
Videospiele konnten dieses Bedürfnis lange Zeit nicht richtig befriedigen. In einer Zeit, in der Physikengines nur in den Tagträumen visionärer Programmierer existierten, war an einstürzende Gebäude noch nicht zu denken. „Worms“ war eines der ersten Spiele, die mir einen kleinen Fix boten. Wenn die Raketen der nur wenigen Pixel hohen Würmer tiefe Löcher in die Landschaft gruben und das Schlachtfeld nach Beendigung einer Runde Ähnlichkeit mit einem Schweizer Käse hatte … da jubelte der kleine Bombenleger in mir.
Und dann kam der Egoshooter „Red Faction“ (2001). Dank der erstmals eingesetzten GeoMod-Engine, nahmen nicht nur Gegner bei Beschuss Schaden, sondern auch die Umgebung. Ich lag hysterisch hyperventilierend vor dem Rechner. Wie toll war das denn? Aus diesem Grund steht die zu keinem Zeitpunkt brilliante Shooterreihe bis heute hoch in meiner Gunst. Ich mochte jeden Teil, auch wenn kein einziger perfekt war. Vor allem „Red Faction: Guerilla“ war mit seiner offenen und zu großen Teilen zerstörbaren Spielwelt mein wahr gewordener feuchter Spieletraum.
Ganz anders war das bei der hochgelobten „Battlefield“-Reihe. Die hat mich nie wirklich interessiert. Es ist kein Geheimnis: ich bin ein Multiplayer-Noob. Doch dann hörte ich von den „Bad Company“-Ablegern. Beziehungsweise … ich hörte, dass man in diesen die Umgebung zu Klump schießen kann. Count me in! Seitdem lege ich mir die „Battlefield“-Spiele früher oder später schon alleine wegen des Single-Player-Modus zu. Doch damit ist noch lange nicht das Ende der zusammenkrachenden Fahnenstange erreicht. „Boom Blox“ für die Wii, „Blast Corps“, „Flatout“, „Carmageddon“, selbst „Angry Birds“ … alles Spiele, die ich wegen befriedigender Zerstörungsphysik wertschätze. Ich bin ein Opfer des KABOOM.
EDF, EDF, EDF!
Bevor ich zum Ende kommen, möchte ich noch einmal die Brücke zu „Earth Defense Force: Insect Armageddon“ schlagen. Wie bereits erwähnt handelt es sich hierbei um einen recht simpel gestrickten Shooter. Und wenn ich „simpel gestrickt“ sage, dann meine ich „simpel gestrickt“. Alles, was nach Gegner aussieht, ist ein Gegner, große rote Punkte markieren empfindliche Stellen und die Munition der Heldentruppe kommt aus unerschöpflichen Vorräten. Ich habe jedoch ebenfalls erwähnt, dass das gute Stück unerwartet unterhaltsam ist. Es ist hässlich wie die Nacht, hat die Story einer Quarktasche und doch … und doch hat es auch so etwas:
Große Monster! Viele Monster! Viele große Monster! Und ja … ordentlich Rumms. Dieses Potpourri macht schon im Alleingang mächtig Spaß, im Koop unterhält es mit Sicherheit sogar noch eine Schippe mehr. Überprüfen konnte ich das allerdings bisher leider nicht, da sich nicht mehr allzu viele „Earth Defense Force: Insect Armageddon“ – Spieler online finden. Ob das jetzt daran liegt, dass die Masse doch lieber „Call of Duty“ spielt oder daran, dass seit einiger Zeit der Nachfolger „Earth Defense Force 2025“ in den Läden steht, lässt sich jedoch nur schwer sagen. Trotzdem: klare Empfehlung meinerseits für den Vorgänger, auch wenn er in Fankreisen aufgrund eines kurzzeitigen Entwicklerwechsels (mitsamt kleinen inhaltlichen Änderungen) als eher schwächerer Teil der Reihe angesehen wird. Aber das Ding schlägt gerade mal mit schmale 7,99 € zu Buche … da kann man nicht viel falsch machen. Vor allem, weil man wirklich Spaß damit haben kann. Man kann damit sogar soviel Spaß haben, dass ich mir früher oder später wohl auch noch das besser bewertete „Earth Defense Force 2025“ holen muss … verdammt.
Und damit komme ich dann auch wirklich zum Ende, jedoch nicht, ohne noch ein bis zwei Fragen in die Runde zu stellen: Kennt die große Internetgemeinde eventuell noch den einen oder anderen destruktiven Hit oder gar Geheimtipp? Oder muss ich meine ganze Hoffnung in die neue Konsolengeneration mit ihren abertausenden Partikeln setzen?
Und mit diesen Fragen verbleibe ich bis zum nächsten Mal. Sei es hier oder drüben bei mir, auf www.eternal-gamer.de.
13 Antworten
Sebastian
Mit deinem Artikel sprichste mir aus der Seele, Andreas. Ich erinnere mich mit Begeisterung an die Befriedigung, die mir Blast Corps verschaffte, als ich mich mit schwerem Gerät und Vollgas quer in eine Industrieanlage schliddern ließ und die Schornsteine in sich zusammen sanken. Und auch von mir eine klare Empfehlung für Black!
Eternal Gamer
Ach verdammt. Okay … wer will mir seine alte Xbox schenken?
Oxx
Da fällt mir doch glatt noch Rampage total destruction world tour ein. Das macht zu Zweit richtig Laune. 😉
Eternal Gamer
Da klingelt etwas. Das hatte ich, wenn ich mich nicht täusche, schon einmal im Saturn in der Hand und war kurz davor es mir vollkommen unbekannterweise zu kaufen. Doch dann hat mich die gähnende Leere meines Geldbeutels doch noch im letzten Moment zurück gehalten 😀
Eternal Gamer
Gut … kann dann mal jemand eine Onlinepetition für „Black 2“ starten? Mit denen kann man ja angeblich die Welt ändern. Ich würde mich auch mit einem HD-Remake zufrieden geben 😀
Oxx
Wenn wir das ganze mit Markus Lanz als Bösewicht fordern würden, wäre der Erfolg in Deutschland garantiert. 😉
Eternal Gamer
Oh ja … „Black“ interessiert mich seit seinem Erscheinen und dieses Interesse wurde auch wieder geweckt nachdem ich gerade einen Blick in dein Let’s Play geworfen, aaaaber … ich hatte nie eine PS2 und nie eine Xbox. Ich besitze beide Konsolen auch heute noch nicht. Und wenn ich das richtig überblicke, wird es dann direkt ein wenig schwierig „Black“ zu spielen
Oxx
Soweit ich weiß lässt sich Black auch super auf einer Xbox 360 Spielen. 😉
Eternal Gamer
Fällt auch wegen Nichtbesitzes flach 😀 Und emuliert finde ich es zumindest im deutschen Playstation Store nicht.
Oxx
Dann bleibt wohl nur das Hoffen auf eine Fortsetzung. Vielleicht erbarmt sich EA – würde sich dank der Frostbite Engine sogar anbieten. 😉
Oxx
Ich habe die gleiche Zerstörungswut, spontan könnte ich dir noch Black empfehlen (Schau mal in den ersten Teil meines lets Plays rein).
Milan
„Jedes – absolut jedes – Spiel wird besser, wenn man im Spielverlauf Dinge physikalisch halbwegs korrekt kaputt machen kann.“
… außer Tetris 😀
Eternal Gamer
Stimmt 😀