Quod Init Exit IIm – Größer und schwerer. Aber auch besser?
Ein Bericht von Stefan Nowak.
Simone Bevilacqua von Retream hat es vollbracht und Quod Init Exit IIm fertiggestellt. Selbstverständlich spielt das kleine Schweinchen Zampo wieder die Hauptrolle und hat, wie schon im Vorgänger, nur eines im Sinn: Fressen! Diesmal verteilen sich die Leckereien allerdings nicht nur auf nur einem Bildschirm, denn das Areal erstreckt sich im zweiten Teil über mehrere Bildschirme mit einer Ausdehnung von nicht weniger als 2048×688 Pixel. Und wieder ist das Fressen ein zentraler Bestandteil des Gameplays. Wenn Zampo nicht seine ständig schnell abnehmende Lebensenergie im Blick hat und wann immer es geht irgendwas frisst, kommt das Game Over recht schnell. Die Energie wird unten links mit Hilfe eines kleinen, vertikalen Balkens dargestellt und die Fressalien, bestehend aus Fischen, Melonen, Burgern u.s.w. erscheinen irgendwo in der Umgebung des Schweinchens und müssen innerhalb weniger Sekunden erreicht werden, bevor sie wieder verschwinden. Das gilt auch für die Flaschen, die die Energie für eine brandneue Fähigkeit wieder auffüllen: das Pupsen! Diese Fähigkeit bringt nämlich einen sehr wichtigen Nebeneffekt auf den Plan – Durch den erstaunlich starken Rückstoß, visualisiert mit einer Stichflamme aus dem… äääh… Hinterteil, kann Zampo große Abstände zwischen den Plattformen überwinden und Areale entdecken, die ansonsten nicht erreichbar wären. Gerade dann, wärend des Fliegens, ist es besonders wichtig, den Levelaufbau sehr gut zu kennen. Denn überall gibt es spitze Dornen und gefährliche Gewässer, die Zampo ein Leben kosten. Bevilacqua war allerdings so nett und hat an einigen Stellen Fähnchen als Rücksetzpunkte platziert. Andernfalls wäre das sowieso schon überdurchschnittlich schwere Spiel noch frustrierender. Eine große Hilfe ist der in unregelmäßigen Abständen auftauchende Spinat. Wenn Zampo ihn frisst, ändert er für einige Sekunden seine Farbe und wenn er währenddessen einen Feind berührt, werden die beiden Balken für seine Lebenszeit und das Pupsen wieder bis zum Maximum aufgefüllt. Das Hauptziel ist das Auffinden sämtlicher kleiner Toiletten, die überall im Areal mal mehr und mal weniger gut versteckt sind. Nur wenn Zampo sie allesamt findet, öffnet sich der Ausgang am Ende des Levels und das Spiel ist geschafft.
Technisch eine starke Leistung
Quod Init Exit IIm bietet in der vorliegenden Version zwar leider nur ein einziges Level, aber es hat eine beachtliche Größe. Die gesamte Ausdehnung hat die bereits angesprochenen 2048×688 Pixel. Wenn man die zugrunde liegende Auflösung eines C64-Bildschirms von 320×200 Pixel als Basis nimmt, ergibt sich eine Ausehnung von etwas mehr als 6×3 Bildschirmen. Vollgepackt mit Plattformen, Gewässern, Wolken, Tunneln und Dornen, die ein labyrinthartiges Gesamtbild ergeben. Man kann nicht einfach so bis zum Ausgang laufen, denn es gibt einige Energiebarrieren, die den Zugang zu so manchem Areal versperren. Zampo muss Schalter finden um sie zu öffnen, was meistens bedeutet, dass bereits zurückgelegte Wege wiederholt werden müssen. Es vergeht einige Zeit, bis sich dem Spieler das gesamte Level erschließt und im Kopf, oder wie früher auf dem Papier, eine Karte entsteht. Die vielen Bildschirme, aus denen das Level besteht, werden nicht umgeschaltet, sondern es wird gescrollt. Und zwar erstaunlich schnell mit 50 Fps und technisch sehr sauber in sämtliche Richtungen. Quod Init Exit IIm ist eines von den drei oder vier Spielen, in denen das beste Scrolling realisiert wurde. Es ist besser als in Trolls und aus der rein technischen Sicht tatsächlich etwas besser als in Sam’s Journey (Knights of Bytes). Aus der spielerischen Sicht wirkt es in dem Spiel von Knights of Bytes aber etwas mehr wie in einem Konsolentitel, weil es der Spielfigur sanfter folgt. Beide Spiele sind beeindruckende Meisterleistungen und sie stellen wahrscheinlich die Spitze des Möglichen dar. Welches der beiden Spiele sich tatsächlich besser spielt, hängt selbstverständlich vom persönlichen Empfinden ab.
Technische Informationen direkt vom Entwickler: Full screen: das Spiel nutzt den gesamten Screen. Full color: das gesamte Farb RAM wird aktualisiert. Free-positional: der Bildschirm kann zu jeder Zeit auf jede Position gebracht werden. 50 fps: jede Bildschirmaktualisierung geschieht in nur einem einzigen Frame.
Eine weitere technische Spitzenleistung sind die Sprites. Sie sehen nämlich, obwohl sie sehr bunt sind, sehr hochauflösend aus. Irgendwie wirkt das untypisch für C64-Verhältnisse und erinnert eher an Konsolenspiele, weil der C64 Sprites eigentlich nur auf zwei Arten darstellen kann. Entweder monochrom in hoher Auflösung (24×21), oder dreifarbig in niedriger Auflösung (12×21). Simone hat das mit einem interessanten Trick hinbekommen: jedes Sprite besteht eigentlich aus drei übereinander gelegten Sprites. Die ersten beiden sind hoch aufgelöst und einfarbig, das dritte bunt und niedrig aufgelöst. Die folgende Grafik zeigt sehr gut, wie das funktioniert und wie beeindruckend das Resultat ist:
Spielerisch einige Mängel
Ein Nachteil des Spiels ist der sehr hohe und frustrierende Schwierigkeitsgrad aufgrund einiger unfairer Stellen. Die Steuerung des Schweinchens ist nicht so präzise wie in anderen Spielen dieser Gattung. Zampo hat mit seinen vier Füßchen eine recht große Grundfläche und viele Plattformen sind sehr schmal (siehe Bild links). Entsprechend groß ist die Gefahr, dass die Spielfigur abrutscht und oft befinden sich ausgerechnet darunter Gewässer oder Dornen. Es ist schon etwas nervig einige Wege immer und immer wieder ablaufen zu müssen, nur weil man mal wieder eine Plattform nicht richtig getroffen hat oder in sehr eng beieinander liegende Dornen hinein gelaufen ist (siehe Bild oben). Etwas entschärft wird dieser Umstand, weil Zampo nicht unbedingt mit all seinen Pfoten auf einer Plattform stehen muss (siehe Bild rechts).
Tipp vom Entwickler: Das Handling wird etwas leichter, wenn man sich auf die freie Stelle zwischen Zampos Pfoten fokussiert.
Zudem kommt es Anfangs oft vor, dass man zwar den Weg bis zum Ausgang schafft, aber dann doch wieder mindestens eine der Toiletten übersehen hat. Einige von ihnen sind recht gut versteckt und nur mittels der beiden Transporter erreichbar, die irgendwo in dem riesigen Areal platziert sind. Und das Schlimmste ist, dass man vom Ende des Areals, an dem der Ausgang platziert ist, nicht wieder zu weiter vorne liegende Bereichen zurückkehren kann. Also wartet man auf das Game Over und fängt wieder von vorne an.
Tipp vom Entwickler: Bevor ihr einen der Teleporter benutzt müsst ihr euch sicher sein, dass ihr wirklich jeden erreichbaren Winkel abgesucht habt. Und im Teleportermodus empfiehlt es sich, die komplette Karte anzusehen und den sinnvollsten Punkt für die Landung auszusuchen.
Simone Bevilacqua hat allerdings angekündigt, dass er das Spiel noch weiter entwickeln wird und man kann nur hoffen, dass diese Fehler noch entfernt werden. Zudem fehlen bislang noch Soundeffekte und man hört nur Musik.
Quod Init Exit IIm hat ein unglaubliches Potenzial. Aber es braucht unbedingt mehr Level, Soundeffekte und etwas Feintuning in der Steuerung und im Leveldesign. Trotzdem ist es bereits jetzt ein tolles Spiel, welches Spaß macht und die Technik beeindruckt. Viele kleine Details verleihen dem Spiel eine gewisse Lebendigkeit. Zum Beispiel die kleinen animierten Luftbläschen in den Gewässern und das Ändern von Zampos Farbe, wenn das kleine Schweinchen durch enge Tunnel läuft. Die Wasserfälle gefallen mir mal wieder am besten.
Leider wird es keinen physischen Release geben und das Spiel ist nur als kostenpflichtiger Download direkt bei Retream erhältlich. Allerdings kann jeder selbst entscheiden, wie viel Geld es ihm oder ihr wert ist. Ich denke drei bis fünf Euro kann man ruhig mal springen lassen.
Simones Pläne für eine größere Version: - mehr Level mit wechselnden Szenarien - mehr und dynamisch wechselnde Soundtracks - paralax Scrolling - noch größere Level - dynamisch wechselnde Tilesets - Intro und Endsequenz - eventuell Soundeffekte
Der Vorgänger, welcher mir trotz seiner schwächeren Technik etwas besser gefällt, ist zwar physisch bei RGCD auf Modul erschienen, aber er ist vergriffen und wird nicht mehr nachproduziert. Der Download ist mittlerweile kostenlos und hier ist ein Video mit einer kleinen Vorstellung des Spiels.