Ein Bericht von Stefan Nowak
Pac-Pac – eine neue Pac-Man-Variante für C16(64K) und Plus/4
Die in der Szene wohlbekannte C16/Plus/4 Entwicklertruppe Assassins hat am 11.07.2016 das Spiel Pac-Pac für die 264er Reihe von Commodore veröffentlicht. Als Vorlage diente, wie so oft seit dem Sommer im Jahre 1980, Tōru Iwatanis Megahit Pac-Man, in dem die Spielfigur sämtliche Pillen fressen muss, die in einer Art Irrgarten verteilt sind. Pac-Man wird dabei von den vier Geistern Akabei, Pinky, Aosuke und Guzuta (in der US-Version Blinky, Pinky, Inky und Clyde) gejagt und er muss ihnen ausweichen bzw. sie fressen, wenn er vorher eine der sogenannten Kraftpillen (power pellets) gefressen hat. Namco veröffentlichte das Spiel Mitte des Jahres 1980 in den Arcades und es wurde ein unfassbar großer Erfolg. Bis heute ist Pac-Man mindestens so bekannt wie Mickey Mouse oder Super Mario und es werden immer noch Nachfolger bzw. Spin-Offs für sämtliche Plattformen veröffentlicht. Im ersten Moment denkt man sich vielleicht, dass ein weiterer Klon mehr als unnötig ist, aber Gábor „Skoro“ Varga (Code), Róbert „KiCHY“ Kisnémeth (Grafik) und Csaba „Csabo“ Pankaczy (Musik) fügten interessante Elemente hinzu, durch die sich das Spiel vom großen Vorbild abhebt und durchaus seine Daseinsberechtigung hat.
Eine der wichtigsten Neuerungen ist das Zeitlimit, welches in der Form eines horizontalen Energiebalkens links oben im Bildschirm visualisiert wird. Der Balken nimmt kontinuierlich ab und ist anfangs grün, wird später gelb und ist für die letzten ca. eineinhalb Zentimeter rot. Falls der Spieler es nicht schafft einen Level zu beenden, bevor die Energie gänzlich zur Neige geht, ist das Spiel vorbei. Ja, richtig gelesen. Unabhängig davon, wie viele Leben zu diesem Zeitpunkt noch vorhanden sind, ist das Spiel dann beendet! Um diesem Super-GAU zu entgehen sollte der Spieler die Früchte einsammeln, die hin und wieder an zufälligen Positionen einige Sekunden lang auftauchen. Dadurch wird nicht nur der Energiebalken etwas aufgefüllt, sondern es gibt auch Punkte. Für Kirschen bekommt man 100, für Äpfel 200 und für Bananen 300 Punkte. Außerdem erhält der Spieler am Ende jedes Levels mehr Bonuspunkte, je mehr Energie noch vorhanden ist. Für die maximale Ausbeute empfiehlt es sich vor dem Fressen der letzten ein oder zwei Pillen zu warten, bis eine Frucht auftaucht und sie vorher zu fressen, damit man mehr Bonuspunkte erhält. Weitere Punkte werden dem Konto aufgebucht, wenn man sie schlicht einsammelt. In zufälligen Abständen erscheinen sie irgendwo im Labyrinth (100, 200, 500 oder 1000 Punkte) und alle 5000 Punkte erhält der Spieler ein Extraleben.
Anders als im Vorbild bewegen sich in Pac-Pac, welches sich entweder per Tastatur oder mit einem Joystick in Port 1 oder 2 steuern lässt, standardmäßig nur drei Geister durch die Gänge. Die Wegfindungsroutine scheint den Jungs wirklich gut gelungen zu sein, denn in den ersten paar Level bewegen sie sich zwar grundsätzlich Richtung Pac-Pac, es bleibt jedoch genügend Raum zur Navigation. Die Geister werden aber recht bald schlauer, gefährlicher und vor allem schneller. Der Spieler muss immer mehr auf der Hut sein und versuchen, sie auszutricksen. Hilfreich und ein aus dem Vorbild bekanntes Element sind die Portale, die sich jeweils an jeder Seite des Spielfeldes befinden. Wenn Pac-Pac durch eines hindurch tritt, kommt er an der gegenüberliegenden Seite wieder ins Bild. Das können die Geister glücklicherweise nicht und die Portale sind oft die letzte Rettung. Allerdings muss man die Ausgänge unbedingt vorher mit einem kurzen Blick abchecken, denn ich habe oft das Gefühl, dass ein Geist einen gegenüberliegenden Ausgang bewacht. Zufall? Ich weiß es nicht.
Anfangs habe ich gedacht, dass es aufgrund der Systemressourcen der Hardware nur drei Geister gibt. Aber dem ist nicht so. Abgesehen von den Früchten erscheinen nämlich auch Fragezeichen, welche beim Aufsammeln sowohl negative, als auch positive Effekte hervorrufen. Ein negativer Effekt ist, dass ein vierter Geist erscheint. Vor allem in späteren Level kommt das einer mittleren Katastrophe gleich, denn bereits mit nur drei Geistern ist das Spiel kein Zuckerschlecken! Trotzdem sollte man die Fragezeichen immer einsammeln, denn die positiven Effekte sind sehr hilfreich: mehr Energie, Punkte, Extraleben und die Verlangsamung bzw. aus dem Gefecht setzen der Geister. Wenn man im Titelbild bleibt und nicht sofort das Spiel startet, wird eine hübsch gemachte Beschreibung sämtlicher Effekte eingeblendet. Die berühmten Kraftpillen gibt es in Pac-Pac übrigens nicht.
Ein Spiel, welches geschickt die Systemressourcen nutzt
Pac-Pac zeigt mal wieder, dass die Jungs von Assassins die Hardware im Griff haben und tolle Spiele entwickeln können. Mittlerweile wird jeder wissen, dass die 264er Reihe über keine Hardwaresprites verfügt. Die Softsprites in Pac-Pac sind groß, mehrfarbig und bewegen sich sehr schnell und sauber (pixelweise) über den Bildschirm. Es gibt 64 Level und Labyrinthe. Die Reihenfolge, in der die Labyrinthe angezeigt werden, ist jedes Mal zufällig und das ist gar nicht so schlecht, denn dadurch ist das Spiel interessanter. Die beiden Musikstücke, eines im Titelbild und eines während des Spiels, sind großartig und beweisen, dass der TED (ein Chip zuständig u.a. für Grafik und Tonerzeugung) bei geschickter Programmierung durchaus ansprechende Musik ausgeben kann. Es gibt tolle und effektreiche Melodien inklusive Schlagzeug. Während des Spielens ertönen neben der Musik auch Soundeffekte, ohne die Musik zu beeinträchtigen. Das ist eine tolle Leistung und alles andere als alltäglich in der Welt des C16.
Pac-Pac ist ein sehr gelungenes und technisch absolut sauberes Spin-Off einer großartigen Vorlage mit sinnvollen Änderungen, die immer wieder zum aufbessern des Hiscores verführt. Wer Lust hat, kann an dem auf der bekanntesten C16/Plus/4-Webseite „Commodore Plus/4 World“ eingebetteten Contest teilnehmen und seinen Hiscore einreichen. Dort kann das Spiel, welches 64K benötigt, auch kostenlos heruntergeladen werden.
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